1874 kam das erste Segelschiff zu "Lustfahrten" nach Neuruppin (Brandenburg), eine holländische "Tjalk", ein Flachbodenschiff. Mit diesem schweren Segelboot wurde am Ruppiner See der erste Segelsport ausgeübt. Ganz besonders angeregt durch einen seit 1872 hier im Ruhestand lebenden Offizier, Major a.D. von Grassow, der eine Stimme besaß, die jenseits des Sees gut verstanden werden konnte. Er war ritterlich, kameradschaftlich, trinkfest und - ein Seemann. 1869 war er als deutscher Offizier zur englischen Marine abkommandiert. Hierzu gesellte sich ein Zimmerermeister, A. Metzenthin, der viele Jahre zur See gefahren war. Natürlich wurde wettgesegelt! Und so regelrecht, wie es die strenge seemännische Schulung der Seekadetten des englischen Marine und königlich-preußischen Majors erforderte.
Im Laufe der Jahre vereinigten sich dann am 25. Juli 1890 neun Bootsbesitzer und Wassersportfreunde zur Gründung des "Ruppiner Ruderer- und Seglerclubs". Es wurde auf dem heutigen Grundstück der ehemaligen Schuhfabrik ein Seglerhaus im Schweizer Stil erbaut, von dessen Balkon sich ein weiter Blick über den See bot.
Nach Meyers Lexikon, Ausgabe 1897, bestehen im damaligen Kaiserreich 32 Segelvereine, davon 13 in Berlin und einer in Neuruppin (Brandenburg). Damit ist unser Segelclub einer der ältesten Segelvereine in Deutschland. Zur Erinnerung: 1835 gründeten 30 Segler in Stralau bei Berlin den ersten Segelclub und 1887 entstand der traditionsreichste deutsche Segelverein in Kiel, der Marine-Regatta-Verein. Er wurde später durch kaiserliche Kabinettsorder vom 2. Mai 1891 in "Kaiserlicher Yacht-Club" umbenannt. Heute ist er als "Kieler Yacht-Club" weltbekannt. Er ist Hauptträger der Segelregatten im Rahmen der "Kieler Woche", die jedes Jahr im Juni viele Segler aus aller Welt auf der Förde zusammenführt.
Auch in Neuruppin entwickelte sich eine rege Regattatätigkeit. Es gab offene Regatten, die besonders von Berliner Booten besucht wurden. Höhepunkt zu dieser Zeit war der zweimalige Gewinn des Kaiserpreises durch einen Segler aus Neuruppin, der 1894/1895 den hart umkämpften Preis des Berliner Yachtclubs gewann.
Der Club verlegte sein Heim nach dem neu angelegten "Strandgarten". Dies war leider Veranlassung, dass sich einige Mitglieder trennten und auf den alten Grundstück einen Zweigverein des Segelclubs "Tegelsee" gründeten. Doch dauerte diese Zersplitterung nicht lange, der Zweigverein ging ein.
Im Jahr 1912 trennten sich die Wege der Ruderer von den Seglern, da die Vorstellungen eines sportmäßigen Ruderns nicht unter der Fahne der Seglervereins durchgesetzt werden konnten. Der Neuruppiner Ruderclub NRC gründete sich am 12. März 1912. Aus Rücksicht auf den neuen Club erfolge die Umbenennung der Seglerclubs in RSC - Ruppiner Seglerclub.
Kurz danach brach der 1.Weltkrieg aus und eine geregelte sportliche Tätigkeit war nicht mehr möglich. Danach setzte nach bangen Sorgen um den Bestand des Clubs ein steter Wiederaufbau ein. Statt der offenen Regatten wurden Langfahrten gepflegt.
In den Folgejahren kam es zu einer starken Aufwärtsentwicklung der seglerischen Aktivitäten. Es gab wieder interne Regatten mit Start- und Klassenpreisen, bevorzugte traditionelle Preise Silberbecher und Pokale mit Standergravur und Datum.
In den 20er Jahren gab es beim Magistrat der Stadt Neuruppin eine Arbeitsgemeinschaft Ruppiner Wassersportler, deren verdienstvollem Wirken u. a. die Bootsschleppe bei Altruppin zu verdanken ist. Außerdem beteiligten sich die Vereine an den Lichtkorsofahrten auf dem Ruppiner See und organisierten sogenannte Auffahrten anlässlich der Vereinsjubiläen. Der Magistrat förderte großzügig die Wassersportveranstaltungen - so während der Ruppiner Woche, z.B.: kostenlose Zufahrt mit Schlepper aus Spandau für die Berliner Segler hin und zurück.
Der Strandgarten war immer noch das Domizil des RSC. Dort besaß es ein mit senkrechten Planken umzäuntes, hochsitzähnliches Geviert, abgetrennt von der üblichen Steganlage, volkstümlich auch der "Mastkorb" genannt. Dieser war nur den Mitgliedern des RSC zugänglich. Hier befand sich auch Peilkreuz und Flaggenmast für die Regatten und unser Schild:
Im Mai 1930 erhielten Clubmitglieder und Ehrengäste eine formvollendete Einladung:
- "Der Ruppiner Segler-Club erlaubt sich, Ew. Hochwohlgeboren und Familie zum Sonntag, den 18. Mai 1930 um 10 1/2 Uhr vormittags, zur Feier des Hissens des Clubstanders auf dem neuerworbenen Clubgrundstück in der Warzechastraße ergebenst einzuladen."
Es spielte eine große Musikkapelle, Reden wurden gehalten und der Stander feierlich gehisst. Eine Regatta nach Seehof schloss sich an. Die Damen und die Ehrengäste fuhren mit dem Motorboot in dieses beliebte Seelokal zwischen Gnewikow und Karwe. Nachmittags ging es im Motorbootschlepp zurück und abends zum großen Tanz in die Krone.Die Bälle im Neuruppiner Strandgarten waren immer ausverkauft und sehr beliebt.
Danach wurde die Scheune restlos umgebaut. Zu erwähnen ist hier der Gebäudeschmuck aus Keramik des Künstlers Lehmann-Borges, der heute noch an der Straßenfassade unseres Grundstücks hängt (am Beginn dieser Seite ist es als rundes Logo verwendet). Ein 2. Schmuck wurde anlässlich der 100-Jahr-Feier des RSC an das Neuruppiner Heimatmuseum übergeben und ist dort ausgestellt. 1931 wurde auch die wasserbaupolizeiliche Genehmigung zur Errichtung einer Steganlage am km 39,9 der 71,3 km langen Ruppiner Wasserstraße erteilt. Unser Flaggenmast steht genau auf diesem Punkt. Am 5. Juli 1931 wurden Bootshaus und Steganlage eingeweiht.
Die Slipanlage wurde erweitert und verbessert. Bis dahin hatte man die Boote an der Pferdeschwemme neben dem Strandgarten auf- und abgeslipt. Das geschah mit einem Pferdefuhrwerk, das ins Wasser fuhr, bei größeren Booten oft auch unterstützt durch den Dampfer.
In den Jahren 1933/1934 wurden alle Sportvereine durch die Nationalsozialisten gleichgeschaltet. Der Vereinsvorsitzende, ein Kassendirektor, bekam politische Schwierigkeiten wurde arbeitslos und musste schließlich sogar die Stadt verlassen. Sportlich gab es in den 30er Jahren Pfingstregatten, deren größte innerhalb der Festwochen anlässlich der 700-Jahr-Feier Neuruppins mit 238 Booten stattfand. Der Wettfahrtleiter war ein Berliner. Neuruppin gehörte sportlich zum Bezirk IV/Tegel des Deutschen Seglerverbandes.In den Jahren des furchtbaren 2. Weltkrieges waren die seglerischen Aktivitäten des RSC sehr bescheiden. Den Verein drückten finanzielle Sorgen. Er musste zusätzlich zu den Hypothekenzinsen auch noch Beiträge für den 1938 errichteten Bürgersteig und für den Straßenbau zahlen. Beim Ansegeln 1944 mussten die Frauen die Zeremonie des Standerhissens übernehmen. Der menschliche Zusammenhalt war groß, die Not zwang dazu.
1945 hörte nicht nur die Segelei auf, auch der furchtbarste Krieg war zu Ende. In Neuruppin rückte bereits am 1. Mai 1945 die Rote Armee ein. Mutige Bürger hissten von den Türmen der Klosterkirche weiße Fahnen und verhinderten so die Zerstörung der Stadt, wenn auch die Seedammbrücken noch gesprengt worden waren.Eine Kosakeneinheit hatte das doch stark beschädigte Gebäude des RSC belegt. Auf dem Dachboden befanden sich eine Schneider- und eine Sattlerwerkstatt, wo aus den noch vorhandenen Segeln Stiefeleinsätze gefertigt wurden. Als die Rote Armee das Gelände räumte, errichtete die Wasserschutzpolizei Lehnitz in Neuruppin einen Gruppenposten. Rechtsträger wurde die Jugendheim GmbH Potsdam.
Am 19. Dezember 1949 wurde der Seglerclub als Sektion Segeln der Sportgemeinschaft "Eintracht" im Hinterzimmer des Neuruppiner Konsumhotels wieder gegründet.Jetzt ging alles sehr schnell. 1950 fand das erste Ansegeln statt. Die Sektion bat um die Freigabe der Stege, da nur 1 Polizeiboot an den 24 leerstehenden Stegen lag. Bürgermeister Robine und Magistrat unterstützten den Antrag. Im August 1950 gab das VP-Transportamt Berlin das Gelände frei.1951 veränderte sich die Rechtslage dramatisch. Die Landesregierung konfiszierte das Grundstück am 19. Juli 1951 unter Berufung auf den SMAD-Befehl 124/126 vom Oktober 1949. Das Gelände und das Haus des RSC wurden in Volkseigentum überführt. Die Rechtsträgerschaft der Jugendheim GmbH erlosch und neuer Rechtsträger wurde die Stadt Neuruppin.
Die monatliche Beiträge waren sehr gering, sie lagen bei 1 bis 2 DDR-Mark. Das monatliche Beitragsaufkommen des Vereins betrug 60 bis 80 DDR-Mark. Davon kann ein Verein, der sich selbst tragen muss, nicht existieren. Also wurde nach guter alter Tradition Geld aufgetrieben: zu allererst durch Spenden der Mitglieder und persönliche Darlehen, die vereinbarungsgemäß später nicht zurückgezahlt werden mussten. Auch der Rat der Stadt hatte en Herz für die Finanzen des Wassersports. Zusätzlich wurden Arbeitsstunden für die Mitglieder eingeführt. Bis zu 40 Stunden im Jahr mussten geleistet werden. Diese Wiederbelebung des Clubs endete etwa um 1950. 1952 bauten die Segler in Gemeinschaftsarbeit sehr schnell unseren jetzigen Bootsschuppen. 3000 Arbeitsstunden wurden geleistet. Gleichzeitig wurde die Steganlage um 28 Stände auf 50 Bootsstände erhöht.
Am 29. Februar 1952 wurde endlich die Standerführung durch ein offizielles Schreiben geklärt, und damit dem RSC gestattet auch weiterhin den alten traditionellen Stander zu fahren.
Eine große Pfingstregatta war mit 140 Ost- und 65 Westteilnehmern als Ost-West-Treffen geplant. Durch die politische Lage wurde dies leider verhindert. Die Tegeler Wassersportler sagten überwiegend ab und die wenigen Interessierten hatten plötzlich "Einreiseprobleme".
In Neuruppin stritten sich alle Wassersportler um die sogenannte Fürstenwiese; eine offener und unbebauter Zugang zum See in der Regattastraße. Die Verhandlungen mit den Ruderern scheiterten. Die Stege der Segler störten die Ruderer, ebenso die berühmte Takelboje. In einer "Wildwestaktion" rissen die Ruderer und ihr Trägerbetrieb, der Rat des Kreises, die Poller vom Steg IV ab. Die Segler waren empört und konnten sich letztlich nicht durchsetzen. 1960 wurde der beschädigte Steg abgerissen. Von diesem Zeitpunkt beschränkt sich der RSC auf die jetzigen Steganlagen. In dieser Zeit wurde auch das Bollwerk betoniert. 1432 Arbeitsstunden mussten die Segler dafür leisten.
In der folgenden Jahren verließen einigen Clubmitglieder und Vorstandsmitglieder die damalige DDR. Es herrschten schwere Zeiten, das Vereinsschiff war nicht leicht auf Kurs zu halten.
Betrachtet man das Jahrzehnt aus sportlicher Sicht, so kann man gar nicht alle Erfolge geschlossen aufzählen. Auf allen zugänglichen Regattaplätzen erschienen die Neuruppiner und ersegelten erste und gute Plätze, z. B. auf der Mecklenburger Segelwoche, der Ostseewoche und den damaligen Kreis- und Bezirksmeisterschaften. wurde W. Ebert Sieger im Fahrtenwettbewerb der DDR. 1961 errang dies H. Gröseling. Mit diesen Siegen deutete sich ein Wandel an: der Regattasport trat in seiner Bedeutung hinter das Fahrtensegeln, das reisen mit der Familie, zurück. Zwar wurden auf den Neuruppiner Gewässern noch Regatten gefahren, aber nur wenige besuchten auswärtige Veranstaltungen.
Es wurde wie immer viel gebaut. Die jetzige Slipanlage ging 1966 in Betrieb.Das Haus, gebaut 1827, fordert seinen Tribut. Das Dach wird 1979 erneuert, die Zentralheizung wird eingebaut, Schornsteine werden gemauert usw. Immer sind es unzählige Arbeitsstunden, die v
In diesen Jahren wurde eine Jugendgruppe installiert, um den Jugendlichen die Schönheit des Segelsports nahe zubringen. Der Bootsbestand im Jugendbereich wurde systematisch vergrößert.
1984 bot sich durch die Verbindung des damaligen Vorsitzenden H. Gröseling zur BSG Chemie Erkner die Möglichkeit, mit dem legendären "Berliner Bär" die Schönheit des Seesegelns zu erleben. 1986-1989 nahmen verschiedenen Mannschaften an den Regatten zur DDR-Meisterschaft im Seesegeln teil. Dies wurde durch B. Schober ermöglicht, der seinen Seekreuzer zu den bekannten Regatten "Rund Rügen" und der "Tonnenregatta" zur Verfügung stellte.
Neben der Arbeit verstehen die Segler aber auch zu feiern: wie unsere "Vorvorderen": Sommervergnügen, Discotheken, Regattafeste! Als Höhepunkte gelten die Bälle zum 20-, 30-, 35jährigen Bestehen der SG "Eintracht".
Erstmals 1965 zum 75jährigen Segeljubiläum hatte Hans Gröseling im Namen des Vorstandes den Antrag gestellt, der SG den Namen Ruppiner Segler Club wiederzugeben. Aber der damalige Sportvorstand des Kreises lehnte ab.
Am 19. Dezember 1989 war es dann soweit. Die Festversammlung anlässlich des 40. Jahrestages der Wiedergründung des Seglerclubs beschloss unter großem Beifall sich den Namen "Ruppiner Segler Club" zurückzugeben. Am 15. Mai 1990 wurde im Vereinsregister unter der laufenden Nummer VR 12 beim Kreisgericht Neuruppin der
Ruppiner Segler Club
- Eintracht - e.V.
eingetragen. Er ist wieder rechtsfähig.